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Ein Verein für alle Bedürfnisse


Besuch beim Karate Club Kaulsdorf (KCK) am 14.05.2023

Gespräch mit Dajana Hemmann


Eine Stadt- zwei Welten


Die Eindrücke könnten unterschiedlicher nicht sein: Abfahrt am Innsbrucker Platz, der gelinde gesagt reichlich schmuddelig daherkommt und wo der Fahrstuhl zum S-Bahnsteig mehr oder minder im Dauermodus kaputt ist, nach ca. 45 Minuten Weg dann Ankommen in der Fuchsberg Grundschule in Kaulsdorf. Das Einfamilienhausviertel ist proper, die Schule ist schmuck mit allem, was dazu gehört: Turnhalle, Spielplätze, Schulgarten usw. Inzwischen gibt es zusätzliche Container, die das Schulgebäude erweitern und sich seltsamerweise ins Gesamtensemble einfügen. Die Schule war dreizügig geplant, vor fünf Jahren eröffnet und es hat sich innerhalb dieser Zeit bereits ein Bedarf an fünf Klassenzügen entwickelt.

Ein weiterer Trainingsort des KCK befindet sich in der Georg-Klingenberg-Schule. Somit ist der Verein in der Lage, täglich außer am Dienstag Training anzubieten. Günstig erweist sich auch die Tatsache, dass mit der Fuchsberg Grundschule ein Schlüsselvertrag besteht, sodass auch in Ferienzeit trainiert werden kann. Durch die Nähe zu den Schulen ergibt sich praktisch ein „automatischer Zugang“ an Mitgliedern, hinzu kommen auch Kitas, die ebenfalls deutliches Interesse am Verein bekunden.


Der KCK arbeitet inzwischen mit Wartelisten; zweimal jährlich wird zum gegenseitigen Test ein Probetraining angeboten. So können potentielle Mitglieder und die Trainer testen, ob das gemeinsame Training erfolgversprechend sein könnte. Im Zuge der Neuzugänge gibt es halbjährlich neue Einstiegsgruppen und die Vereinsmitglieder werden je nach Leistungsstand den jeweiligen Gruppen zugeordnet.


Wo die Kinder sind, sind die Eltern meist nicht weit, somit hat sich der KCK vor allen Dingen als Familienverein etabliert. Außer den Trainings in den verschieden Leistungsgruppen finden am Samstag ein Training im Para-Karate und am Sonntag ein Familien-Athletiktraining, sowie ein Talenttraining statt.

Dajana Hemmann, eine von 7 ehrenamtlichen Trainer*innen des Vereins, teilt die Einschätzung vieler Akteure, die mit Kindern arbeiten, dass das Leistungslevel in der Beweglichkeit (nicht nur durch die Corona-Zeit) stark nachgelassen hat. Links und rechts können häufig nicht unterschieden werden, der Gleichgewichtssinn lässt zu wünschen übrig und Ausdauer ist oft nur in geringem Maße vorhanden. Somit beziehen sich 30-50 % ihres Trainings auf koordinative sportliche Übungen, das Karate wird entsprechend kürzere Zeit gelehrt.

Nur widerstrebend hebe ich einen Aspekt des Vereins besonders hervor, nämlich das Para-Karate-Training. Da die gelebte Realität bei uns in der Stadt häufig eine hürdenreiche für körperlich und geistig eingeschränkte Menschen ist, scheint mir das notwendig zu sein. Abgesehen von den alltäglichen Hindernissen, die sich ihnen in den Weg stellen, gibt es nicht viele Sportvereine, die ein entsprechendes Angebot im Programm haben.


Der familienfreundliche Verein hat sich auch aus der Familie Hemmann heraus entwickelt. Der Sohn Laurin begann 4-jährig mit dem Karate, die Eltern Timo und Dajana schlossen sich an und die Tochter Lara wuchs dann schon beinahe in der Turnhalle auf. Als die Eltern flügge geworden sind, gründeten sie zusammen mit 5 weiteren Karatebegeisterten 2015 selbst einen Verein und traten ein Jahr später in den Berliner Karate Verband ein. Da Lara mit einer geistigen Einschränkung lebt, lernten die Eltern viel darüber, wie sie ihrem Kind in allen Aspekten des Lebens gerecht werden können, somit auch im Sport.

Hilfreich dürfte dabei die Schule am Pappelhof gewesen sein, die den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat. Dajana pflegt als Vorsitzende des Schul-Fördervereins engen Kontakt zur Schule und kennt sich dadurch bestens mit den Bedingungen und Bedürfnissen dort aus. Zum Beispiel gibt es einzelne Therapiezeiten, die beinhalten, dass die Kinder während des Unterrichts entweder zwischen Physiotherapie, Wasseraktivitäten und Sport wählen können. In einer Kooperation mit der Schule steht Heiko Kuppi für das Einzel-Karate-Training zur Verfügung. Weiterhin fragte die Schuldirektorin der Schule Dajana Hemmann, ob sich ein Projekt im Rahmen der Kooperation mit dem KCK realisieren ließe. Seit dem 06. Februar läuft dieses Projekt unter der Leitung von Heiko und Dajana für ein halbes Jahr. Eine Verlängerung ist denkbar, auch Anfragen aus anderen Schulen liegen inzwischen vor. Ziel für die Teilnehmenden ist die Stärkung des Selbstbewusstseins, die Erlangung von mehr Selbstsicherheit und die Erlernung von größerer Selbstverantwortung. Der erste wichtige Schritt in diesen Kurs, dessen Teilnehmerzahl auf 15 begrenzt wurde, war ein Casting, in dem die Schüler*innen ihr Interesse und ihre Eignung zeigen konnten.


Einen kleinen Hinweis am Rande hatte Dajana noch: Wer sich in Schulen mit Projekten einbringen möchte, kann sein Angebot in den Bezirkselternausschuss oder den Bezirkslehrerausschuss, an denen Eltern, Schulvertreter*innen und Schüler*innen teilnehmen, vorstellen.

Über den Karate Club Kaulsdorf ließe sich ein Buch verfassen; diese letzten Hinweise müssen nun ausreichen: Die 7 Trainer*innen des KCK sind berufstätig und auch die vielen Nachwuchstrainer*innen welche meist noch Schüler*innen sind, betreiben den Verein in ihrer Freizeit. Selbstverständlich gibt es Zielgruppen angepasste Trainingslager, eigene oder in Kooperation mit anderen Vereinen stattfindende Vereinsturniere und Teilnahme an Turnieren in Berlin und außerhalb Berlins. Mir bleibt nur, mich zu verneigen vor so viel Einsatzbereitschaft und ehrenamtlichem Engagement.




Verf.: Brigitte Benjes


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