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Quetschies in der Notfalltasche & weitere aktuelle Tipps für die Erste-Hilfe-Ausrüstung im Sportverein




Keiner will es und doch passiert es: ein Unfall im Sportverein. Dass die Sicherheit von Trainierenden essentiell ist und bis zu 50% der Verletzungen durch präventive Maßnahmen verhindert werden könn(t)en, hat sich vielleicht mittlerweile herumgesprochen und ist Teil jeder guten TrainerInnen-Ausbildung – was jedoch genauso wichtig ist, ist neben einer Ersten-Hilfe-Grundausbildung eine gut ausgestattete Erste-Hilfe-Tasche und Menschen, die diese pflegen, auf Aktualität und Haltbarkeit prüfen und sich bestenfalls auch regelmäßig im Bereich der Erstmaßnahmen bei Unfällen und Verletzungen weiterbilden. Hier erscheint es einfach, diese Verantwortung allein den ÜbungsleiterInnen (oder den Sportstättenverantwortlichen) zu überlassen, jedoch plädiere ich für ein Grundwissen, was jede/r Trainierende unabhängig der Position haben sollte, denn im Ernstfall ist somit eine adäquate Erste Hilfe gewährleist, und dies im Übrigen auch außerhalb des Vereins. Wir könn(t)en als Karateka also auch in diesem Bereich mit gutem Beispiel vorangehen. Warum nicht beispielsweise mit dem Üben des Kizame Zuki auch mal als Rollenspiel durchgehen, was passiert, wenn es mit der Technikkontrolle und dem Maai (間合 = Distanz) doch nicht so geklappt hat wie angedacht?!

Zurück zum Erste-Hilfe-Set: Dieses ist natürlich unverzichtbar und aus gutem Grund für jeden Sportverein vorgeschrieben. Als unterstes Niveau sollte ein Erste-Hilfe-Set vorliegen, welches wir alle aus dem Auto kennen (Kfz-Verbandkasten nach DIN 13164). An dieser Stelle gibt es schon den ersten Tipp: Viele Trainierende fahren mit dem Auto zum Sport; falls im Falle des Falles der Erste-Hilfe-Kasten in der Turnhalle nicht oder nicht vollständig verfügbar sein sollte, befindet sich ein Verbandskasten in der Regel immer in einem Auto der Anwesenden. Es gilt also, den möglichen Handlungshorizont über die eigene Turnhalle hinaus zu erweitern – und schon Funakoshi Sensei sagte: „Karate ist nicht nur im Dojo.“ Dies ist Tipp 2 dieses Artikels: Auch Erste-Hilfe-Sets beschränken sich nicht nur auf das Dojo.

Zusätzlich zu diesem Grundset empfiehlt sich ein Set, welches speziell für Sportvereine gedacht ist: Der Verbandskasten nach DIN13157. Er enthält mehr Verbandsmaterial, außerdem zusätzliche andere nützliche Dinge wie z.B. Tape-Verbände und Kältekompressen. Wer je ein intensives Karate-Training oder einen mehrtägigen Lehrgang genossen hat oder auf einem Turnier dabei war, weiß, wie wertvoll solche Dinge mitunter sind.

Zu  diesen Klassikern im Erste-Hilfe-Set kann dieses – je nach Sportart – ergänzend optimiert werden, um im Verein bestmöglich auf Verletzungen reagieren zu können. Für Karate gibt es hier nun – passend zu unserem ständigen Bestreben nach Verbesserung auf unserem Karate Do – nun kurz gefasst einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Ersten Hilfe im Sport:

 

WAS

Beschreibung

KOSTEN

WO

WARUM

 

 

 

 

 

Zahnrettungs-Box

Kleines Fläschchen mit optimaler Nährlösung für Zähne oder Zahn-Bruchstücken

Ca. 20 € / St.

Internet, Apotheke

Ob komplett ausgeschlagener Zahn oder ein Bruchstück davon: In der Zahnrettungsbox kann das Fragment bis zu 24h optimal ernährt werden, was wiederum den Betroffenen sowie den ZahnärztInnen einen zeitlichen Vorteil verschafft, um das Fragment wieder in den Mund der betroffenen Person einzusetzen. Dies ist oftmals gesundheitlich vorteilhafter und zudem finanziell günstiger als ein künstlicher Ersatz.

Puls-Oximeter

Finger-Clip zum Erfassen des Pulses und der ungefähren  Sauerstoff-sättigung im Blut

Ca. 20€ / St.

Internet, Apotheke

Im Falle einer Bewusstlosigkeit ist Atmung und Pulsfrequenz zu prüfen. Danach sind die entsprechenden adäquaten Maßnahmen durchzuführen. Das Finden, Prüfen, Messen und die Entscheidungsfindung kosten mitunter wertvolle Zeit, v.a. wenn man nicht geübt darin ist. Dank des Pulsoximeters weiß der Ersthelfende sofort, ob Kreislauf und Atmung überhaupt stattfinden und die Daten des Gerätes bieten wichtige Anhaltspunkte für das professionelle Rettungsteam schon vor dessen Eintreffen vor Ort. Es gibt Ausnahmen, in denen der Pulsoximeter nicht aussagekräftig ist, z.B. bei Kreislaufzentralisierung durch Unterkühlung, aber in den allermeisten Fällen bietet der Pulsoximeter einen sehr großen Mehrwert. Zu den Vorteilen dieses Gerätes wäre aus Trainersicht noch viel mehr zu sagen, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen und ist Thema diesbez. Lehrgänge.

„Quetschies“

Lange haltbares Obst-Mus in Beuteln, v.a. Apfel und Banane

Zw. 0,99€ - 1,99€ / St.

Drogerie, Lebens-mittel-laden

Schweißausbruch, Zittern, Angst, Unruhe und Verwirrtheit – das sind die häufigsten Anzeichen einer Unterzuckerung bei Diabetikern vor der Bewusstlosigkeit. Hier gilt es, schnell verfügbare Kohlenhydrate parat zu haben. Lange ohne Kühlung lagerbar und eine schnelle Hilfe bieten die Quetschies. Diese bieten schnell verfügbare Kohlenhydrate und haben gleichermaßen einen gewissen Feuchtigkeitsgehalt, sodass (anders als beim Traubenzuckerbonbon) keine Speichelproduktion erfolgen muss, die bei Kreislaufstörungen ohnehin eingeschränkt sein kann.Aber auch ohne Diabetes kann es im Falle eines Blutdruckabfalls (Schwindel, beginnende Synkope/Ohnmacht) sinnvoll sein, dem betroffenen schnell verfügbaren Zucker zu geben. Hinzu kommt, dass diese Quetschies v.a. bei Kindern sehr beliebt sind und deswegen im Bedarfsfall wenig Überzeugungsarbeit geleistet werden muss.

Ein Pluspunkt gibt es auch in der „Off-Label-Nutzung“ dieser Produkte: Durch Form und Material der Verpackung eignen sich Quetschies auch als Notfall-Kühlpack bei oberflächlichen Traumata, z.B. einer Prellung.

Tampons

Saugfähige, gepresste Watte

Ca. 0,10€ / St.

Drogerie, Internet, Apotheke

Tampons sind generell ein prima Blutauffänger und eignen sich zudem als Druckkompresse bei größeren Verletzungen. Bei Nasenbeinverletzungen kommt es häufig zu einer großen Blutung, die zwar meistens schlimmer aussieht als sie letztendlich ist, aber aufgrund der Flüssigkeitsmenge manchmal doch nicht so leicht beherrschbar ist und v.a. bei Heranwachsenden auch zu „Gruseleffekten“  bis hin zu Panik führen kann. Ein Tampon an (nicht in!) der Nase kann das ganze Geschehen beruhigen. Wird ein Tampon als Druckkompresse genutzt, muss ein sauberes, möglichst steriles Tuch zwischen Wunde und Tampon gelegt werden.

NaCl 0,9 in kleinen Fläschchen

Isotonische Kochsalz-lösung in kleinen Plaste-Fläschchen

divers

Internet, Apotheke

Für das Spülen von Wunden aller Art (und Augen) besser geeignet als Wasser, da es an den Salzgehalt des menschlichen Körpers angepasst ist und somit das Gewebe nicht zusätzlich reizt.

Stützschienen versch. Größen

Ausrollbare, feste Schienen aus Kunststoff

Ca. 20 € / Set

Internet

Wir wissen alle aus dem Erste-Hilfe-Kurs: Alles, was anders absteht als vom Körper regelrecht vorgesehen sollte provisorisch geschient werden. Heutzutage gibt es platzsparende Schienen aus Kunststoff, die im Bedarfsfalls ausgerollt werden und dann das betroffene Körperteil (unter)stützen.

Zu guter Letzt gibt es noch einen Pro-Tipp für Sportvereine bez. der Handhabung von Medikamenten, v.a. bei Kindern und Jugendlichen: Weist notwendigen Medikamenten (Asthmasprays, Nitrosprays, Diabetespens, …) einen festen Platz in der Turnhalle zu. So muss im Anwendungsfall nicht erst danach gesucht werden – und es wird auch ohne viel Kontrollaufwand Betroffenen sowie ÜbungsleiterInnen im Vorfeld klar, ob besagtes Medikament überhaupt vorhanden ist (oder eben vergessen wurde).

Wer jetzt noch mehr aus dem umfangreichen Themenfeld „Gesundheit (nicht nur) im Karatesport“ wissen möchte, sollte sich den 08./09. Juni 2024 im Kalender notieren – dort wird es im Rahmen eines stilrichtungs- und verbandsoffenen JKD-Gasshukus eine Weiterbildungsmöglichkeit zu diesem Thema geben. Details finden sich zu gegebener Zeit auf der Seite des Berliner Karate Verbands unter dem Punkt „Termine“.

Bis dahin und darüber hinaus: Bleibt gesund und helft anderen dabei, gesund zu werden!

 

Verfasserin: Kathy Kreuzberg

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